Hochschulgruppe Südschleswig: Jamaika entmündigt Studierende

Hochschulgruppe Südschleswig: Jamaika entmündigt Studierende

Mehrklassenwahlrecht Wunsch von Schwarz-Grün-Gelb – Unterfinanzierung wird fortgesetzt – Ausverkauf der Hochschulen an Unternehmen und Verbände

Zur Anhörung der geplanten Neufassung des Hochschulgesetzes im Bildungsausschuss erklärt Mark Böing, Vorsitzender der Hochschulgruppe Südschleswig:

Die Stellungnahme der Hochschulgruppe Südschleswig

“Der von der Jamaika-Koalition vorgelegte Neuentwurf ist nichts weiter als der wenig kaschierte Versuch, gleich mehrere Jahrzehnte Fortschritt in der Hochschulpolitik zunichte zu machen und gleichzeitig unsere teilweise über Jahrhunderte gewachsenen Forschungseinrichtungen zu Entwicklungsabteilungen zahlungskräftiger Klienten zu machen. Als Hochschulgruppe Südschleswig sprechen uns strikt gegen die mit dem Gesetzentwurf geplante Vervielfachung des Stimmrechts der Hochschullehrer*innen in wichtigen Gremien aus.

Hochschulen sind Orte, an denen Demokratie gelebt und vermittelt wird. Den Hochschullehrer*innen in den Kerngremien ein zweifaches Stimmrecht zuschanzen zu wollen, ist da nicht sehr viel mehr als Hohn und der Versuch, zur Ordinatsuniversität zurückzukehren, deren verkrustete Strukturen bis in die späten 1960er Jahre hinein die Forschungs- und Hochschullandschaft in Deutschland ausgebremst hatten. Auch die von CDU, Grünen und der FDP in ihrem Gesetzentwurf geforderte Erhöhung des Sitzanteils der Hochschullehrer*innen sowie der Gruppe der ihnen direkt unterstellten Mitglieder des technisch-administrativen Dienstes lehnen wir ab und schlagen stattdessen vor, den Sitzanteil der Studierenden sowie des wissenschaftlichen Dienstes zu erhöhen. Sie stellen den zahlenmäßig größten Teil der Universitätsangehörigen dar, erledigen den Kern der Arbeit an den Hochschulen und sind dennoch in den wichtigen Gremien unterrepräsentiert.

Wohin die von CDU, FDP und Grünen geplante weiträumige Entmündigung der wichtigsten Hochschulmitglieder führen soll, macht der Gesetzentwurf ebenfalls deutlich. Unübersehbar ist die Handschrift der FDP, wenn zu den jetzt schon Unmengen an Personalressourcen fressenden Struktur- und Entwicklungsplanungen auch noch eine Ziel- und Ergebnisplanung geben soll. Ganz im neoliberalen Sinne sollen die Hochschulen des Landes zukünftig auf Jahre hinaus die Ergebnisse ihrer Arbeit festlegen. Für Institutionen, bei denen die Erschließung bisher unbekannter Verhältnisse einen wenn nicht den wichtigsten Arbeitsschwerpunkt ausmacht, ist das geradezu naiv-lächerlich. Was soll in einer solchen Vereinbarung stehen? Etwa: ‘Zwei neue Planenten entdecken, 1000 von einem unterfinanzierten Schulsystem schlecht vorbereitete Abiturient*innen mehr zu einem Abschluss gebracht, ein neues Medikament entwickelt und drei Professuren einnahmenstark an die Wirtschaft, eine zusätzliche an einen Lobbyverband verkauft’?!

Wir lehnen diesen Ausverkauf der Freiheit von Forschung und Lehre ab. Statt dessen fordern wir Landesregierung auf, statt einer handwerklich schlecht gemachten Novelle des Hochschulgesetzes endlich mehr finanzielle Mittel für die Bildung und Hochschulbildung bereit zu stellen. Die Entwicklung unserer Hochschulen wird nicht dadurch ausgebremst, dass Hochschullehrer*innen, die ohnehin schon in allen Gremien überrepräsentiert sind, zu wenig Stimmrecht haben. Die Entwicklung krankt daran, dass unseren Bildungseinrichtungen Geld fehlt und zwar massiv. Wenn es den Jamaika-Koalitionär*innen mit dem viel beschworenen Wert der Forschungs- und Bildungslandschaft im ‘echten Norden’ denn so ernst ist, dann kann sie mit einer besseren Finanzierung der Hochschulen einfach und schnell echte und tragfähige Fortschritte erzielen. Das würden wir gerne unterstützen!

 

 

sekretær

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